Susanne Sandkuhl und Volker Herold werten eine 3D-Oberflächenmessung aus.

Hochpräzise Bearbeitung eloxierter Flächen

Technologie in der Materialwissenschaft entwickelt, um schwach gekrümmte Zylinder- und Torusflächen hochpräzise zu bearbeiten
Susanne Sandkuhl und Volker Herold werten eine 3D-Oberflächenmessung aus.
Foto: Jens Meyer (Universität Jena)
  • Forschung

Meldung vom: | Verfasser/in: Stephan Laudien | Zur Original-Meldung

Wie lassen sich schwachgekrümmte Zylinder- und Torusflächen, also leicht gebogene Flächen, mit Krümmungsradien von 200 bis 20.000 Millimeter präzise bearbeiten? Vor dieser Herausforderung standen Dr. Volker Herold und Susanne Sandkuhl von der Abteilung Mechanik der funktionellen Materialien am Otto-Schott-Institut für Materialforschung der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Zu bearbeiten waren Teile eines Präzisionswerkzeuges, das zur Montage eines Röntgen-Spiegels für ein Weltraum-Observatorium dient. Der zu fertigende Spiegel soll 2031 im Rahmen der Athena-Mission der Europäischen Raumfahrt-Agentur (European Space Agency: www.the-athena-x-ray-observatory.euExterner Link) per Satellit ins All geschossen werden. Dr. Herold von der Universität Jena arbeitet in dem Projekt eng mit Partnern in den Niederlanden und in Sachsen-Anhalt zusammen.

Eine zusätzliche Hürde bei der Bearbeitung der Bauteile stellen deren Material- und Oberflächeneigenschaften dar, wie Volker Herold erläutert: „Die Bauteile sind aus einer Aluminiumlegierung und mit einer 25 Mikrometer dicken Hart-Eloxal-Schicht versehen.“ Diese mikrogeometrisch zerklüftete Oberfläche erschwert es, optische - genauer gesagt interferometrische - Messverfahren anzuwenden, wie sie in der Optik-Fertigung Stand der Technik sind. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Jena griffen deshalb auf taktiles Messen zurück. Zum Einsatz kommt ein taktiles 3D-Profilometer, das eine Höhenauflösung von zehn Nanometer erlaubt - das entspricht etwa dem 5.000. Teil des Durchmessers eines Menschenhaares.

Noch genauer ließe sich bearbeiten, wenn man genauer messen könnte

Die knifflige Aufgabe konnte gelöst werden. In mehreren Prozessschritten werden die Werkstücke bearbeitet, vermessen und wieder bearbeitet, bis die gewünschte Genauigkeit erreicht wurde. Gearbeitet wird mit einer CNC-Werkzeugmaschine, mit einem hochgenauen formübertragenden Werkzeug und einer Diamantsuspension als Abrasiv-Medium. Es wurden Formabweichungen von +/- 300 Nanometer gegenüber der geometrisch-idealen Fläche gemessen, bei einer Radienabweichung kleiner als 0,1 Prozent.

In der Optik-Fertigung würden zum Teil deutlich höhere Genauigkeiten erreicht, sagt Volker Herold: „Doch mit Blick auf die Randbedingungen wie Geometrie, Material und Beschichtung der hier betrachteten Komponenten haben wir durchaus anspruchsvolle Parameter erzielt.“

Wie Volker Herold erläutert, sind die Grundflächen der Bauteile etwa halb so groß wie eine Postkarte. Würde man diese Fläche auf die Größe eines Fußballfeldes vergrößern, ergäbe sich bei einer Länge von 100 Metern an der Stelle der stärksten Durchbiegung eine Höhe von 1,45 Metern. Die Eloxalschicht wäre dann 25 Millimeter stark, die erzielte Formabweichung läge bei etwa +/- 0,3 Millimeter. Der Clou dabei: „Die Bearbeitung könnte sogar noch genauer sein, ihr wird jedoch durch die Messmethode eine Grenze gesetzt“, sagt Volker Herold. Anders gesagt: Noch genaueres Arbeiten ist wahrscheinlich möglich, lässt sich aber nicht mehr nachweisen.

Gemeinsam mit weiteren Projektpartnern wird gegenwärtig darüber nachgedacht, zukünftig mit dem Einsatz ionenstrahlbasierter Verfahren im Anschluss an die mechanische Bearbeitung noch genauere Oberflächen zu erhalten.