Oberflächen
Morphologische, physikalisch-chemische und bioorganische Oberflächenmodifikationen metallischer, keramischer und polymerer Werkstoffe haben zum Ziel, die Wechselwirkung zwischen Biosystem und Implantat dahingehend zu beeinflussen, dass beispielsweise bioinerte Werkstoffoberflächen mit osteokonduktiven Eigenschaften ausgestattet oder poröse Trägerstrukturen für die Züchtung unterschiedlicher Gewebetypen entwickelt werden können. Weiterhin sind sie von Interesse für dentale Restaurationen, bei denen die Materialoberfläche durch Adhäsion an die Zahnhartsubstanz anbindet.
Reversible Veränderung der Strukturfarben durch elastische Verformung
Foto: CSI/FSUDie topographische Oberflächenmodifikation durch einen definierten Materialabtrag mittels Ultrakurzpulslaser (laser-induzierte periodische Oberflächenstrukturen (LIPSS)) erlaubt darüber hinaus die Veränderung der optischen Oberflächeneigenschaften. Ein prominentes Beispiel hierfür sind Strukturfarben, für deren Erzeugung die Natur als Vorbild zahlreiche Lösungen bereithält. Am Beispiel der LIPSS führt das nanoskalige, periodische Oberflächenrelief zu beugenden Eigenschaften und damit zu spezifischen Strukturfarben, die je nach Beleuchtungs- und Beobachtungswinkel variieren. Ein Schwerpunkt der Arbeitsgruppe liegt in der reversiblen Veränderung dieser Strukturfarben durch eine elastische Verformung des Substratmaterials, die für Sensoren zur Detektion von Materialverformung und somit für die frühzeitige Erkennung von Materialversagen eingesetzt werden kann.
Reversible Änderung LIPSS-basierter Strukturfarben bei elastischer Verformung
Video: Universität JenaBiomineralisierung
Biomimetischer Apatit
Grafik: CSI/FSUSimulierte Körperflüssigkeiten (simulated body fluid, SBF), die den anorganischen Bestandteil des menschlichen Blutplasmas nachbilden, werden für vitro Bioaktivitätstests eingesetzt. Darüber hinaus bietet ihr Einsatz die Möglichkeit, biomimetischen Apatit, der in seiner Zusammensetzung, Morphologie und Wachstumsorientierung dem Apatit des Säugetierknochens entspricht, nachzubilden. Getemperte biomimetische Apatite zeigen emittieren Licht (Photolumineszenz) und erscheinen deshalb von besonderem Interesse für die visuelle Darstellung von Knochenumbauprozessen. Modifizierte SBF Lösungen, bei denen Ionenkonzentrationen und Übersättigungsgrad erhöht wurden, werden eingesetzt, um die Apatitbildung zu beschleunigen und innerhalb weniger Stunden bioaktive Beschichtungen auf unterschiedlichen Materialien herzustellen.
DOI: 10.1016/j.msec.2017.08.032Externer Link
DOI: 10.1111/jace.15736Externer Link
Die Synthese nanokristalliner, bioaktiver bzw. resorbierbarer Calciumphosphatpulver, die durch nass-chemische Fällungsreaktion hergestellt werden, ist von besonderem Interesse für der Herstellung lasttragender orthopädischer Knochenimplantate. Ionensubstitutionen wurden mit dem Ziel durchgeführt, das Resorptionsverhalten der Werkstoffe gezielt zu beeinflussen und so die Bioakzeptanz zu verbessern. Durch Vakuumpulversynthese konnten die mechanischen Eigenschaften gesinterter Formkörper signifikant gesteigert werden. Biomimetische Prozesse wurden genutzt, um carbonathaltige HA Pulver mit knochenspezifischer Zusammensetzung und Kristallitgröße herzustellen. Sol-Gel-Verfahren wurden verwendet, um bioaktive Natriumtitanat-Keramiken bzw. SiO2-CaO-Gläser herzustellen.
DOI: 10.3390/ma11020192Externer Link // DOI: 10.3390/ma11091610Externer Link
Selbstheilung
Selbstheilungsmechanismen in faserverstärkten CPC
Grafik: CSI/FSUCalciumphosphatzemente (CPC) sind aufgrund ihrer Biokompatibilität und osteokonduktiven Eigenschaften ein vielversprechendes Material für die Regeneration von Knochengewebe insbesondere nach einer Tumorentfernung oder Zahnextraktion. Allerdings ist die Anwendung solcher CPC aufgrund ihrer inhärenten Sprödigkeit bisher auf nicht-lasttragende Knochenbereiche beschränkt. Aus diesem Grund haben wir uns mit der Herstellung eines schadenstoleranten CPC beschäftigt, bei dem die Einarbeitung von funktionalisierten Kohlenstofffasern im Schadensfall eine stabile, flache Rissausbreitung mit Rissöffnungen kleiner 10 µm ermöglicht. Ein anschließender Selbstheilungsprozess in simulierter Körperflüssigkeit (SBF), der die in vivo Mineralisierung bioaktiver Oberflächen in vitro nachahmt, schließt die Risse und stellt die mechanischen Eigenschaften vollständig wieder her. Dabei wurden zwei Wege der Selbstheilung untersucht: i) intrinsische Heilung, die auf den bioaktiven Eigenschaften der Zementmatrix und der chemisch behandelten C-Fasern basiert und so eine Nukleation von Apatit an den Rissflanken ermöglicht, und ii) extrinsische Selbstheilung, bei der aus polymeren Kapselsystemen, die durch einen fortschreitenden Riss geöffnet werden, H2PO4- als Initiator für die Apatitbildung freigesetzt wird und es durch lokale Übersättigung an PO43--Ionen zu einer vollständigen Mineralisierung der Risse kommt. Die Selbstheilungkapazität der CPC bleibt dabei auch bei wiederholter Schädigung über mehrere Zyklen hinweg erhalten. Schadenstolerante, selbstheilende CPC sind von besonderem Interesse, um die Lebensdauer von Calciumphosphat-basierten Implantaten zu erhöhen und ihr Einsatzpotential auf lasttragende Bereiche zu erweitern.
Strukturhybride
Bakteriennanozellulose
Grafik: CSI/FSUBakterien-Nanozellulose (BNC)
Cellulose, das weltweit am häufigsten vorkommende, nachwachsende Biopolymer, wurde in Form von Langmuir-Blodgett Monolayern, Fasern und Gewirken verwendet, um durch chemische Vorbehandlung bzw. durch Abscheidung bioaktiver Precursorphasen wirkstoffbeladene Scaffolds für die Knochen- und Knorpelregeneration herzustellen. Über Koagulation bzw. Koextrusion von Cellulose/ HA Suspensionen können bioaktive, Hydroxylapatit gefüllte Cellulosefolien bzw. -fasern hergestellt werden.
Photokatalytisch aktive Hybride aus Anatas Nanopartikeln (NP) und bakterieller Nanocellulose (BNC) wurden durch Dispergierung der NP in Hestrin-Schramm-Medium hergestellt. An der Kontaktfläche zu Luft metabolisieren die Bakterien Glukose und produzieren Cellulose. Dabei integrieren sie die NP im entstehenden Hydrogelnetzwerk. Die antibakterielle Wirkung solcher Hybride konnte durch Methanolkonversion unter UV Bestrahlung nachgewiesen werden. Durch die in situ Integration funktioneller NP in BNC kann das Anwendungsspektrum dieses Hydrogelmaterials stark erweitert werden.
DOI: dx.doi.org/10.1021/la302787zExterner Link // DOI: 10.1039/C4RA09898FExterner Link
Ice-templating
Grafik: CSI/FSUGefrierstrukturierung
Mittels Gefrierstrukturierung können keramische Scaffolds, die über eine offene und gerichtete Porosität verfügen, hergestellt werden. Bei dem Prozess werden keramische Schlicker mit Hilfe eines temperaturgesteuerten Kühlfingers gerichtet erstarrt. Eine Kontrolle der Eisfrontgeschwindigkeit innerhalb eines geeigneten Intervalls bewirkt das Wachstum lamellarer Eiskristalle. Dabei werden die Keramikpartikel an der Spitze der wachsenden Eiskristalle ausgestoßen und lagern sich zwischen den Eiskristallen an. Eine anschließende Sublimierung der Eisphase führt zu strukturierten Grünkörpern, die gesintert werden können.
Die Strukturgrößen und mechanischen Eigenschaften gesinterter TCP Scaffolds hängen vom Feststoffgehalt des Schlickers und der eingestellten Eisfrontgeschwindigkeit ab. Durch Zunahme des Feststoffgehalts von 10 Vol-% auf 30 Vol-% nimmt die Porosität von 80% auf 50% ab. Die Porosität ist dabei unabhängig von der Eisfrontgeschwindigkeit. Für eine gegebene Porosität hingegen beeinflusst die Eisfrontgeschwindigkeit die Porenbreite und die Dicke der keramischen Lamellen. Mit zunehmender Geschwindigkeit verringern sich die Strukturgrößen. Gleichzeitig erhöht sich die Druckfestigkeit der Scaffolds auf das Doppelte, da die Anzahl an Fehlern mit kritischer Größe abnimmt.
Ice-templating
Grafik: CSI/FSUGesinterte TCP Scaffolds wurden mit dem biodegradierbaren Biopolymer PCL imprägniert. Dabei wurde die Polymermenge so gering gehalten, dass nur Mikroporen infiltriert und die Keramiklamellen mit einem dünnen Polymerfilm beschichtet wurden, ohne dabei aber die Makroporosität zu beeinflussen. Die infiltrierten Proben zeigen ein schadenstolerantes Bruchverhalten, das durch die Entstehung kaltverstreckter PCL Fasern, die Mikro- und Makrorisse überbrücken, erklärt werden kann. Darüber hinaus nimmt sowohl die Druck- als auch die Zugfestigkeit um etwa 100% zu.